Stanislav Lem – ein Nostradamus der Science Fiction

Stanislav Lem gilt vielen eingefleischten Sciencefiction-Fans heute noch als einer der Urväter des Genres. Als junger Mann erlebte er die Nachkriegswirren Osteuropas, die nationalsozialistische Besatzung der Ukraine, das kommunistische Regime und schließlich die Öffnung gen Westen mit seiner rasanten Technisierung. Als versierter Autoschlosser, Medizinstudent und Autodidakt eignete sich Lem unterschiedlichste Kenntnisse der Astronomik, der Technik und der Medizin an, die er philosophisch in seinem Werk aufarbeitete.

Unheimlich vorausschauend

Der polnisch-ukrainische Autor war ein Nostradamus der Wissenschaftsfantastik. In Dutzenden Romanen schickte er seine Protagonisten in unterschiedlichste Szenarien, in denen sie sich mit neuster Technik und fremden Organismen auseinandersetzen mussten. So beschrieb Lem Phänomene wie das Internet und virtuelle Realitäten schon lange bevor sie erdacht wurden. Durchaus kulturpessimistisch beschrieb er den User von morgen als fantasielos und abgestumpft. Was Internet und Videospiele also bringen sollen, nämlich eine Horizonterweiterung und eine Ausweitung eigener Möglichkeiten, wird sich letzten Endes ins Gegenteil wandeln.

Und deshalb war Lem eine Art Nostradamus, denn der bereits 2006 verstorbene Philosoph warnte vor einer persönlichen Abstumpfung der Menschen, die irgendwann nur noch von Reiz zu Reiz springen und sich unterhalten lassen würden, während ihre eigene Intelligenz verkümmere. Ganz abwegig scheint diese Vorstellung nicht. Denn Horden von Jugendlichen, die sich der einfachsten Reizüberflutung auf YouTube und Instagram geradezu hingeben, bieten kein anderes Bild.

Menschen, Außerirdische und Maschinen

Der Mensch, der sich allseits für überlegen hält, wird nach Lem zudem unweigerlich von seiner eigenen Technik überholt werden. Diese Hybris belächelte der Philosoph, warnte aber gleichzeitig vor ihr. Denn die Computer, denen man heute noch den Status williger Sklaven zuspräche, würden irgendwann unaufhaltsam wachsen und sich ganz einfach von ihren Erschaffern abwenden. Auch wenn Lem kein Horrorszenario wie in Terminator entwirft, bei dem der Mensch gnadenlos von wild gewordenen Maschinen verfolgt wird, ist seine Vision unheimlich. Denn auch wird der Mensch in Lems Büchern stets von Außerirdischen abgehängt, die in ihrer Kommunikationsfähigkeit deutlich überlegen sind. Es bleibt nicht der Tod oder der Kampf, doch die pure, menschliche Einsamkeit.

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